Um zu erfahren, warum mir so viel an den Trailrunning Schuhen liegt, muss ich mal ein wenig weiter ausholen: In den 90er Jahren liefen wir alle mit weißen Tennissocken und Turnschuhen durch die Gegend. Wir wussten es damals einfach nicht besser und ich bin sehr froh, dass es damals noch kein Facebook & Co. gab.

INOV-8 X-Talon

INOV-8 X-Talon: Ein idealer minimalistischer Wanderschuh.

Jedenfalls haben sich meine Füße anscheinend an das Turnschuhfeeling gewöhnt. Selbst bei den Pfadfindern, wo ich meine ersten Outdoor-Erfahrungen sammelte, habe ich nie was anderes getragen. Vielleicht mal denen einen oder anderen günstigen Stiefel für zwischendurch, aber grundsätzlich waren es Turnschuhe. Als ich dann im Winter 2006 meine erste eigenständige Wanderung in der Eifel durchziehen wollte, war das für mich noch ein richtiges Abenteuer. Kein Wunder also, dass ich für so ein Abenteuer auch ordentliche Wanderstiefel brauche. Also habe ich mal tief in meine Zivi-Geldbörse gegriffen und für ca. 220€ ein paar fesche Lowa Tibet GTX Wanderstiefel erstanden.

Natürlich habe ich vorher gelesen, dass man Stiefel erst einlaufen muss und das ganze Bla Bla Bla drumherum. Das hat aber alles nichts daran geändert, dass mir der blöde Stiefel auch noch 500km Probleme bereitet hat. Meine Füße waren es gewohnt frei zu rotieren und nicht in Schraubzwingen gepresst zu werden. Das Märchen vom nicht umknickenden Fuß in einem Stiefel habe ich übrigens auch erfolgreich wiederlegt. Glücklicherweise ist mein Fußgelenk sehr flexibel und geschmeidig, sodass keine bleibenden Schäden entstanden sind.

Nach den besagten ca. 500km war mir das ganze dann zu bunt und ich habe die Stiefel über Bord geworfen und mir die Meindl Laredo GTX Halbschuhe besorgt. Mit denen war ich schon um einiges zufriedener, bin dann aber auf Grund des hohen Gewichts und des steifen Leders ganz auf Trailrunner umgestiegen, diese nicht nur einen Gewichtsvorteil haben.

Was sind Trailrunner oder Trailrunning-Schuhe?

RocLite Profil

Das RocLite Profil ist ein ideales Allround-Profil für jedes Terrain.

Im Prinzip sind Trailrunning Schuhe nichts anderes als gewöhnliche Laufschuhe mit etwas aggressiverem Profil und vielleicht etwas mehr Schutz an den Kanten, da man doch mal etwas öfter damit gegen eine Wurzel stößt oder über einen Stein schrubbert. Die meisten Trailrunner zeichnen sich über ein sehr atmungsaktives Außengewebe, eine recht dünne Sohle mit viel Grip und ein sehr geringes Gewicht aus.

Gore-Tex oder Atmungsaktiv?

Ganz richtig gelesen hier muss man sich zwischen Gore-Tex und Atmungsaktivität entscheiden. Denn eines ist Gore-Tex in meinen Augen nicht: Atmungsaktiv.

Atmungsaktivität

So sieht wahre Atmungsaktivität aus.

Wie ihr oben bereits gelesen habt, waren meine ersten beiden Wanderschuhe mit einer Membran von Gore ausgestattet, da ich damals einfach dachte, dass man diese halt braucht. Ich habe es während der Nutzung dieser Schuhe auch nicht wirklich bereut. Der Aha-Effekt kam erst, als ich wieder Schuhe ohne Membran verwendet habe. Denn Gore-Tex hat ein paar entscheidende Nachteile für mich.

  • Die Membran neigt im Schuh dazu irgendwann kaputt zu gehen und dann ist der Schuh nicht mehr wasserdicht.
  • Die Membran ist nicht so Atmungsaktiv, wie die Werbung einem Glauben machen will. Man schwitzt also mehr im Schuh.
  • Ist der Schuh ein mal richtig Nass, trocknet er nur sehr langsam wieder (siehe Membranproblematik)

Ich setze also lieber auf einen Schuh ohne Membran, da dieser einfach schneller trocknet. Bei einer Furt durch den Fluss lasse ich den Schuh manchmal sogar einfach an, weil ich weiß, dass dieser durch das Laufen schnell genug wieder trocknet.

Alternativen zu Trailrunning Schuhen

Natürlich sind Trailrunner nicht der heilige Gral unter den Wanderschuhen und jeder muss hier für sich selbst herausfinden war er am Fuß tragen möchte. Es gibt dabei aber noch ein paar Alternativen, die ich euch nicht vorenthalten will und die im ersten Moment vielleicht noch abwegiger klingen als die beliebten Trailrunner:

  1. Barfußschuhe – Diese haben vieles mit den Trailrunnern gemeinsam, verzichten aber nahezu ganz auf eine dämpfende Sohle. Das macht sie noch leichter, benötigt aber etwas Training um damit längere Strecken wandern zu können.
  2. Sandalen – Ich bin gerade im Sommer häufig mit meinen Luna-Sandals unterwegs. Dieser bestehen nur aus einer Sohle und ein paar Riemen, die diese Sohle am Fuß halten.
  3. Barfuß – Immer mehr Menschen wandern sogar ganz ohne Schuhwerk. Auch hier muss man ein wenig üben, bis man längere Strecken so bewältigen kann. Aber es lohnt sich auf jeden Fall das mal auszuprobieren.
Luna-Sandals

Luna Sandals sind eine geeignete Alternative und noch minimalistischer als Trailrunner.

Sicherlich gibt es noch viele Alternativen, die ich hier nicht aufgelistet habe (Vibram FiveFingers, Skinners, Leguano Classic…) oder gar nicht kenne (hinterlasst doch gerne einen Kommentar). Bis ich was besseres gefunden habe, werde ich jedoch bei den Trailrunning-Schuhen bleiben.

Meine bevorzugten Modelle

Ich bin ein großer Fan der Roclite und X-Talon Serie von Inov-8. Diese passen hervorragend zu meinem breiten Vorderfuß und besitzen alle Eigenschaften, die ich an Trailrunnern so schätze: Das Obermaterial ist sehr atmungsaktiv. Man kann tatsächlich einfach durchpusten und merkt auch jeden Windzug am Fuß. Das Profil gehört zu den aggressivsten, die ich kennen und erinnert schon fast an Stollenschuhe beim Fußball. Die Sohle hat die perfekte dicke, so dass man seinen Untergrund fühlen kann, jedoch nicht von spitzen Steinen gepiesackt wird. Die Schuhe beider Serien sind jetzt seit 7 Jahren bei mir im Einsatz und ich weiß woran ich hier bin. Bis jetzt hat mich noch kein getesteter Schuh zu einem Wechsel überzeugt.

Trailrunning-Schuhe zum Wandern

Trailrunner im Winter

Auch wenn es so scheint, als sei dies nur eine gute Idee für die warme Jahreszeit, so trügt dieser Schein. Ich habe bereits schmerzliche Erfahrungen mit kalten Füßen machen müssen und habe deshalb in den letzten Jahren viel „Forschung“ am eigenen Fuß betrieben. Da der Winter zu meine liebste Jahreszeit ist und der Inov-8 X-Talon mein Lieblingsschuh, habe ich eine Möglichkeit gefunden beide Vorlieben miteinander zu verbinden. Ich kaufe den Schuh einfach ein bis zwei Größen größer, sodass ich zwei paar Socken darin anziehen kann. Das Herzstück ist jedoch ein VBL-Leiner, der als äußere Schicht über die Socken gezogen wird. Dieser hält den Schnee ab, den Wind draußen und sorgt für warme Füße. Hat also quasi den selben Effekt wie eine Gore-Tex Membran. Im zweifel trage ich dann sogar noch einen zweiten VBL-Liner zwischen den Socken um eine der Socken absolut trocken zu halten. Das ist aber selten notwendig, würde dann aber dieses Sandwich ergeben (von Außen nach Innen):

  1. Schuh
  2. VBL
  3. Dickere Socke
  4. VBL
  5. Dünnere Socke
  6. Fuß
Trailrunningschuhe mit VBL-Socke

Trailrunningschuhe mit VBL-Socke (ohne Schichten 4 & 5).

In der Regel lasse ich aber zu 90% die Schichten 4 und 5 weg. Dieses System funktioniert gut, solange man in Bewegung ist und die Temperaturen nicht zu weit unter 0°C fallen. Der Einstellige Minusbereich ist hier gut machbar. Auch bei viel Schnee. Wenn die Temperaturen jedoch in den zweistelligen Minusbereich absinken, dann denke auch ich über dickeres Schuhwerk nach.

Das Sohlen-Profil

Das Inov-8 X-Talon Profil nagelneu (Anfang 2012)

So sah das Inov-8 X-Talon Profil nagelneu (Anfang 2012) aus.

Einer der wichtigsten Faktoren bei neuen Trailrunnern ist das Profil. Es gibt nämlich unzählige Arten von Profilen und diese sind meist auf eine Bestimmte Art von Untergrund und dessen Beschaffung abgestimmt. Wer viel auf Asphalt oder Schotter unterwegs ist, dem sei vielleicht nicht gerade ein Profil mit Stollen ans Herz gelegt. Aber auch das ist Geschmackssache und hier muss man sich vielleicht ein wenig ausprobieren. Die RocLite Profile sind in meinen Augen sehr gute Allrounder und kommen auf fast jedem Untergrund klar. Vielleicht mach es hier aber auch Sinn sich mehr richtung klassischem Laufschuh zu orientieren, wenn man weniger durch Matsch und Wiesen laufen will. Ich kann und will hier gar keine weiteren Tipps geben, da das Thema und die Möglichkeiten einfach zu komplex sind.

Der Verschleiß

INOV-8 X-Talon Verscheiß

Der INOV-8 X-Talon nach 6 Jahren in meinem Fundus.

Ein Faktor, der von vielen immer wieder erwähnt wird, ist der Verschleiß. Ich kann leider wenig zu dem Verschleiß schwerer Wanderstiefel sagen. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass diese im Schnitt länger halten als Trailrunner. Allerdings trage ich seit 2012 größtenteils Trailrunner im Alltag und habe seitdem erst 2 Paar Schuhe genutzt, die jetzt langsam beide an ihrem Limit angekommen sind. Außerdem habe ich diese dann noch zu diversen Wanderungen getragen. Alles in allem bin ich sehr zufrieden damit, wie lange die Schuhe überlebt haben.

Trailrunning-Schuhe zum Wandern

Allein schon wegen des Komforts wird man mich wohl so schnell nicht mehr in Wanderstiefel pressen können. Aber ich verurteile niemanden, der sich in Wanderschuhen wohler fühlt. Für mich sind diese jedoch nichts und ich kann nur jedem empfehlen es einfach mal auszuprobieren in normalen Turnschuhen wandern zu gehen. Wenn es dann nichts für euch ist, lasst es bleiben. Falls ihr jedoch angefixt seid, dann heiße ich euch aufs herzlichste Willkommen in der Welt der Trailrunning-Schuhe.