Bei meiner Ankunft in Växjö hätte das Wetter besser kaum sein können. Keine Wolken, ein wenig Wind und milde Temperaturen. Alles sah nach einem perfekten Wanderurlaub aus. Doch später kam alles ein wenig anders, als ich es mir zu diesem Zeitpunkt noch gedacht habe.
Ankunft in Kalmar
In Kalmar angekommen, wurde aus der milden Brise plötzlich ein eisiger Wind, der direkt vom Meer herwehte. Meine ersten Gedanken galten der Organisation von etwas essbarem. Das große M war vom Bahnhof einfach kaum zu übersehen und endete mein erster kulinarischer Ausflug bei zwei Big Mac und einer Sprite. Wieder einmal hat meine Faulheit gesiegt.
Doch langsam wurde es spät in Kalmar und mir fehlte noch ein wenig Trinkwasser, sowie einige Kleinigkeiten, dich ich vor Ort organisieren wollte. Glücklicherweise war die Touristeninformation direkt in Sichtweite zum großen M auf anderen Seite des Hafens gelegen. Doch schon auf dem Weg zur Touristeninfo wurde mir bewusst, dass ich zumindest für die küstennahen Gebiete besser eine Mütze eingepackt hätte. Doch da musste ich nun durch.
An der Information angekommen, stellt sich gleich das nächste Problem heraus. Die Touri-Info hat bereits seit einer Stunde geschlossen. Hätte ich mal nicht so viel Zeit im Fastfood-Resaurant verplempert! Doch es hilft nichts… Glücklicherweise lagen dort ein paar Stadtpläne aus, von denen ich mir gleich einen geschnappt und ausgebreitet habe. Doch was höre ich da? Da spricht doch jemand deutsch?
Eine Gruppe netter deutscher Studenten läuft an mir vorbei und zeigt mir dankenswerter Weise den Weg zum nächsten Supermarkt. Dort decke ich mich mit Wasser, Saft und ein paar Leckereien für einen gemütlichen Abend am Strand ein. Dort angekommen genieße ich erstmal den schönen Ausblick auf das Schloss, welches ich mir am nächsten Tag noch genauer ansehen werde.
Die erste Nacht
Eine kleine Baumgruppe am Strand bietet mir den idealen Schutz vor dem Kalten Wind, der vom Meer herüberweht, sowie vor den Blicken der Anwohner, welche keine 200m entfernt wohnen. Eigentlich hätte ich ein ruhigeres Plätzchen bevorzugt. Aber in Anbetracht meines Hungers und der doch langsam größer werdenden Müdigkeit, war dies der beste Platz im Umkreis von knapp 5km. Als kleinen Bonus gab es auch noch eine ausreichende Menge Treibholz für ein kleines Feuer. Also habe ich mein TrailStar zwischen den Büschen aufgeschlagen und mich auf eine Bank mit Meerblick gesetzt, wo ich meine kürzlich erworbenen Snacks verzehre. und die kühle Seeluft genieße.
Lediglich die Seemöwen und der doch immer kälter werdende Wind trüben das idyllische Ambiente ein wenig. Aber immer noch 1000 mal besser als Straßenlärm. Mit den Geräuschen der Natur kann halt keine Stadt mithalten.
Das gesammelte Feuerholz muss heute Abend wohl in seiner Ecke liegen bleiben. Ich bin einfach zu müde und faul um mir jetzt noch etwas zu kochen. Aus dem Schlafsack mache ich noch ein paar Aufnahmen des vom warmen Licht der Scheinwerfer erhellten Schlosses und schließe langsam aber glücklich meine Augen.
Die Stadtbesichtigung
Nach einer angenehmen ersten Nacht in meinem TrailStar am Strand, geht es nun daran den Tag mit Leben zu füllen. Bei meinem ersten Blick auf die Uhr, wurde mir klar, dass dies kein größeres Problem darstellen wird. Die Batterie war leer. Ich musste also als erstes einen Uhrmacher aufsuchen. Auch ein Insektenspray muss ich noch besorgen. Denn entgegen der im Vorfeld getroffenen Aussage einiger Einheimischer, dass es im Mai noch keine Mücken gäbe, waren die Biester durchaus unterwegs!
Doch das Unterfangen Shopping musste sich erstmal gedulden, denn in Kalmar laufen die Uhren etwas anders. So gab es kaum ein Geschäft, dass vor 10 Uhr öffnete. Ich hatte also noch ein paar Stunden Zeit mir die Stadt anzusehen und mich in die Sonne zu setzen. Langsam wurden auch die Straßen belebter. Die Bäcker machten langsam auf und die ersten Gäste setzten sich in Cafés. Auch ein Uhrmacher wurde gefunden, der meine Batterie gewechselt hat und gleich noch die Uhr auf ihre Wasserdichtigkeit geprüft hat.
Kalmar Schloss
Die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit Kalmars ist das exponierte Schloss, welches ins Meer hinein ragt und täglich nicht nur viele Besucher, sondern auch Brautpaare anlockt. Denn das Schloss ist nicht nur eine Sehenswürdigkeit, sonder wird ganz offensichtlich auch noch als Traustätte genutzt. Im Stundentakt werden hier Trauungen vollzogen und Hochzeitsgesellschaften durchgeschleust. Nichtsdestotrotz ist das Schloss eine nette Anlaufstelle, wenn man einfach mal die Seele baumeln lassen will und sich geistig in eine vergangene Zeit versetzen will. Ich genieße die Zeit und sonne mich ein wenig zu viel im anliegenden Burggraben, der von den Studenten als Freizeitstätte genutzt wird. Die anhaltende, kühle Brise verhindert gekonnt, dass ich den Sonnenbrand früh genug bemerke und so schlummer ich noch ein wenig unter den vorbeiziehenden Wolken dahin.
Der wandelnde Laufbursche Rucksack
Bis zu dem Zeitpunkt, wo mir plötzlich ein Laufbursche Rucksack an der Nase vorbei läuft. Ich schätze grob die Wahrscheinlichkeit ab, dass ein am C2C unbeteiligter in Kalmar mit einem Laufbursche huckePACK an mir vorbei läuft und spreche den Unbekannten an. Es stellt sich recht schnell heraus, dass Poul auch am C2C teilnimmt und sich in einem Hotel in der Nähe eingebucht hat. Da ich keine anderen Pläne hatte, schlendern wir ein wenig zusammen im Schloss herum und ziehen uns später in Pouls Hotel zurück, wo wir uns in Ruhe auf einer gemütlichen Dachterasse unterhalten können, während wir auf das offizielle erste Treffen und Abendessen mit der Gruppe warten.
Das erste Treffen
Gegen Abend treffen wir dann in einem Restaurant mit angenehmen Ambiente ein, wo wir weitere Mitstreiter treffen und auf die Organisatoren Jörgen Johansson und Jonas Hållén warten. Kaum sind diese eingetroffen verschwinden wir ins obere Stockwerk, wo ein paar Tische für uns reserviert sind und ein lustiger Abend beginnt. Nach und nach treffen immer mehr Mitwanderer ein. Auch Carsten, Johanna und Ulrich aus Deutschland sind sitzen schon bald mit uns am Tisch. So nimmt der Abend seinen Lauf und wir genießen Speis und Trank bei guter Unterhaltung. Doch da wir am nächsten Morgen früh raus wollen, ist auch dieses Treffen gegen 23 Uhr vorüber und ich muss mich auf die Suche nach einem Schlafplatz machen.
Dabei macht mich jemand darauf aufmerksam, dass Martin auch noch einen Schlafplatz sucht und wir machen uns zu zweit auf den Weg um ein gemütliches Plätzchen im angrenzenden Park zu finden. Wir sind beide sehr gesprächig und haben uns viel zu erzählen, sodass mir schnell klar wird, dass dies eine Kurze Nacht wird. Martin ist schon viel in der Welt herumgekommen und erzählt mir einiges aus Marokko, von wo er auch den Teppich mitgebracht hat, auf dem wir sitzen und später auch liegen werden. Dieser Teppich wiegt mehr als der Inhalt meines ganzen Rucksacks und ich bewundere Martin wirklich dafür, wie er diese Last überall mitschleppen kann. Als wir uns dann doch endlich dazu entschließen können ein paar Stunden zu schlafen, besucht uns noch eine Katze, bevor wir endlich die Augen schließen können.
Es geht los
Als uns die ersten Sonnenstrahlen wecken und bereits die Reinigungskräfte des Parks vor unserem Nachtlager stehen, dauert es nicht mehr lang, bis uns auch das Filmteam erreicht. Dieses Team begleitet den C2C und hat ein kleines Interview mit Martin und mir gemacht. Nach dem Frühstück müssen wir uns dann aber sputen. Um 8:00Uhr soll der Startschuss fallen. Wir machen uns also auf zum vereinbarten Startpunkt, wo sich bereits eine große Menge an Wanderern versammelt hat. Eigentlich kann es jetzt los gehen. Wenn da nicht das Pferd wäre, auf das wir alle warten. Ja, ihr habt richtig gehört. Auch ein Pferd ist mit von der Partie. Wir sind also eine richtig bunte Truppe.
Nach einer kleinen Verzögerung sind wir dann komplett und machen das obligatorische Gruppenfoto. Dann geht es auch schon los. Erste Station: Die Ostküste Schwedens. Jeder muss sich nun die Hände oder das Gesicht waschen, damit man sichergehen kann auch wirklich von Küste zu Küste zu wandern und nicht die letzten Zentimeter vergessen zu haben. Ein gute Idee um endlich wach zu werden. Schließlich fehlen mir aus der letzten Nacht noch ein paar Stunden gesunder Schlaf.
Das Wandern ist der Füße Lust
Die Gruppe legt nun ein ordentliches Tempo vor, was mich auf Grund des Altersdurchschnittes durchaus verwundert. Doch noch sind alle Beine frisch und es wird noch immer munter geplaudert. Doch spätestens bei der zweiten Pause wird die Gruppe auseinander gezogen. Irgendwann verliere auch ich den Überblick. Wir wandern durch kleine Wäldchen und über Felder. Meist jedoch auf festen Staßen, was sich in den Füßen bemerkbar macht. Doch noch ist alles im grünen Bereich. Die Anwohner am Wegesrand sind freundlich und zuvorkommend. Sie füllen sogar unsere Wasserflaschen auf.
Das Unglück
Doch dann passiert es. In einem kleinen Waldstück bleibe ich zwischen zwei am Boden liegenden Ästen hängen und zerre meinen Fuß mit etwas Gewalt wieder heraus. Ich spüre einen kurzen Schmerz, der sich dann aber schnell wieder beruhigt. Ich dachte also, dass es so schlimm also nicht gewesen sein kann und laufe ohne mir etwas anmerken zu lassen weiter. Johanna und Ulrich sind kurz vor Carsten und mir. Die deutsche Gruppe führt das Feld also an.
Doch nach einem weiteren Kilometer spüre ich plötzlich einen Schmerz im Fuß, der immer stärker wird. Ich werde langsamer und die Schmerzen nehmen zu. Ich lasse Carsten und die beiden anderen ziehen um mich ein wenig auszuruhen. Es dauert eine ganze Weile, bis weitere Grüppchen an mir vorbeiziehen. Wir müssen schon ein gutes Tempo drauf gehabt haben. Zu gut für meinen verletzten Fuß. Der Schmerz nimmt nicht mehr ab. Ich quäle mich noch ein paar weitere Kilometer allein an ein paar schönen Höfen vorbei. Ich dachte schon ich sei falsch, da schon lange niemand mehr an mir vorbei gelaufen ist. Doch dann höre ich Schritte hinter mir. John und sein schließen zu mir auf. Wir machen eine kleine Rast an einer Bushaltestelle, als plötzlich eine Gruppe aus einer komplett anderen Richtung eintrifft. Sie haben sich verlaufen und sind nun wieder auf dem richtigen Weg. Das war also einer der Gründe, warum mich niemand mehr überholt hat. Nicht ich war falsch, sondern die Anderen.
Ich quäle mich weiter bis es nicht mehr geht. Am Rande eines kleinen Dorfes mache ich eine weitere Rast und warte auf den Rest der Gruppe. Erst jetzt wird mir bewusst, dass wir den letzten vielleicht zwei, wenn nicht mehr Stunden voraus waren. Mittlerweile haben die Anwohner mir ein Taxi bestellt, welches ich mir mit den beiden letzten Damen aus dem Tross teile. Diese wollen auch nicht mehr laufen und so nehmen wir die letzten 3km mit dem Taxi.
Im Lager
Als wir dann im Lager angekommen sind bin ich fertig. Ich schleppe mich auf einen Trekkingstock gestützt ins Duschhaus, wo ich erstmal eine lange Dusche nehmen. Mein Fuß ist stark angeschwollen. Noch immer habe ich die Hoffnung, dass es schon wieder wird.
Als ich aber am nächsten Morgen aufwache beschleicht mich das Gefühl, dass die Wanderung hier für mich zu Ende ist. Die linke Seite meines Fußes ist von Blau bis Violett angeschwollen und schmerzt noch immer. Weiter wandern ist für mich vorbei. Die Veranstaltung selbst aber noch nicht!
Wie es für mich beim Coast2Coast Sweden weiter geht, erfahrt ihr hier in ein paar Tagen.
Hej Dennis,
schöner Bericht, aber wie ging’s denn weiter? Soweit ich weiß kann man das Coast2Coast auch in Teilstrecken mitlaufen. Du hättest ja nach ein paar Tagen Ruhe wieder einsteigen können?
Blaugelbe Grüße – S.
Leider ging es meinen Füßen auch später nicht viel besser. Ich habe dann Zuhause nach ein paar Tagen wieder eine kleine Wanderung gemacht. Aber mehr als 2h waren nicht drin. Es hat noch gut zwei Monate gedauert, bis ich den Fuß wieder richtig belasten konnte.
Eine Fortsetzung zum C2C Sweden kommt aber auch noch ;-) Schließlich habe ich de Gruppe noch anderweitig begleitet.
Schöner Bericht! Die Bilder vom Kalmar Schloss erinnern mich ziemlich stark an Varberg, wo ich September 2013 war. Definitiv auch eine Reise wert :-) Aber das kann man wohl über vieles in Schweden sagen ;-)